Süß und klebrig

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Jedes Mal wenn wir bei unserem Großonkel zu Besuch waren, gab es für uns Kinder entweder Leitungswasser zu trinken oder Leitungswasser mit Himbeersirup.

Wir Kinder wollten Himbeersirup. Jedes Mal.

„Mit Himbeersirup ist es nicht einfach“, sagte unser Großonkel. „Es kommt auf die Dosierung an. Ein paar Tropfen zu wenig und das Getränk wird fade“, sagte unser Großonkel. „Ein paar Tropfen zu viel und es wird unweigerlich süß. Das erträgt niemand“, sagte unser Großonkel.

„Wie bei einem Gedicht.“ Er goss das Wasser in die Gläser. „Oder einem Liebeslied.“ Er maß den Sirup Tropfen für Tropfen. „Oder einem Roman. Einem Film“ Er schob uns die Gläser zu. „Oder dem Leben.“ Dann sah er erschütterlich auf die Gläser. Auf unsere Gesichter. Dann rührte er uns Kindern einen weiteren großen Löffel Himbeersirup ins Glas.

Jedes Mal.

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